Wie viele Nullen haben hundert Milliarden?

🐦 Tschilp!

Am Samstag, den 11. Juni 2022, da brodelte es leicht und unterschwellig im Stuttgarter Kessel: eine Demonstration gegen die Entscheidung des Bundestags, 100 Milliarden Euros Sondervermögen für Waffen bereitzustellen. 

Nun finde ich als Spatz das schon interessant,

welche Prioritäten die Zweibeiner-Gesellschaft setzt. Bei uns dreht sich zumindest ein halbes Jahr lang alles um die Aufzucht unserer Kleinen, also folgende Themen beschäftigen uns sehr:

 "Finden wir einen passenden Baum?", "Gibt es genügend saftige Würmer und Insekten?", "Ist das Nest verkackt und muss geputzt werden?", "Ist ein Marder oder eine Katze unterwegs?" Jedenfalls von Februar bis September steht bei uns der Nachwuchs an allererster Stelle.  

Nun muss ich die Zweibeiner verstehen lernen. Die ganze Welt ist ja voller Marder und Katzen, und vor denen muss sich die Menschheit schützen. Für die Europäer sind die Russen die Marder und Katzen, wohingegen für die Russen die Europäer die Marder und Katzen sind. Schwierig für mich zu verstehen, denn wir haben uns selbst noch nie für Marder und Katzen erklärt, währenddessen die Menschen sich selbst oft spinnefeind sind. Ihnen ist somit der Nachwuchs gar nicht so wichtig, sondern ausschließlich der Schutz vor der eigenen Spezies, was bei uns ja eher Mittel zum Zweck ist. Und Spatzen bedrohen sowieso keine anderen Spatzen...  Schon komisch, diese Zweibeiner. 

Jedenfalls habe ich ein wenig diese Demonstration beobachtet. Auffallend war, dass auf dem Karlsplatz eine Horde schwarzer Ritter ohne Pferde dazu stieß, die den Zug aufmerksam und fürsorglich begleiteten. Auch machten sie permanent Erinnerungsfotos mit Fotoapparaten an langen Stängeln von den Menschen, die offensichtlich mit der Entscheidung des Bundestages, 100 000 000 000 Euros für Tod und Zerstörung auszugeben, nicht zufrieden waren. 

Manche Ritter sahen sogar ganz sympathisch aus, aus den Rüstungen schauten fast verschämt die kleinen Köpfe heraus. Ein fetter schwarzer Stock baumelte an der Hüfte, eine Pistole steckte im Halfter, der Körper war von Fuß bis Hals von schwarzen Plastikschalen bedeckt. Manche schauten grimmig, manche lächelten, manche angespannt und ernst. Man sah ihnen an, dass ihnen das Ganze nicht so geheuer war. Und überall standen sie herum und fügten sich in den Zug ein. Ich glaube, das Zahlenverhältnis von Bunt- zu Schwarzgefiederten war am Ende ungefähr 1:1.

Einer der Raben meinte: "Wir haben uns das nicht herausgesucht." Ohohoh, darüber müsste man aber nachdenklich werden, wenn ich König von Deutschland wäre! Nicht dass am Ende die schwarzen Ritter auch nicht mehr ihren armen Kopf herhalten wollen für Entscheidungen der gewählten Obrigkeit! 

Dass es bei ihnen da und dort brodelt, das pfeifen ja schon meine Freunde von den Dächern...

Ach, und ganz schüchtern trug eine ältere Dame mit Sommertasche und Flipflops inmitten der schwarzen Ritter ein Stück gelbes Papier: 

Wie nett, dass sie von den schwarzen Rittern und Ritterinnen so liebevoll beschützt wurde! Irgendwie war ich beruhigt, dass sie - wie wir - auch den Nachwuchs so im Visier hatten!

🐦 Tschilp!